2012

40 Jahre Streik bei Bemberg und AKZO Breda

Datum: 03.09.2012, 17:00 Uhr

Ort: Gemeinsame Geschäftsstelle von Ver.di und DGB, Hoeftstr. 4 (Bahnhof Wuppertal-Steinbeck)

Vor 40 Jahren, imSeptember 1972, streikten Arbeiter/-innen des AKZO Glanzstoff-Konzerns in Breda und Wuppertal. Sie kämpften international gegen die vom AKZO-Vorstand geplanten Betriebsschliessungen. Gegen diese Pläne entwickelte sich ein international geführter Arbeitskampf. In Breda besetzten Arbeiter am 18. September 1972 ihr Werk, 20 Stunden später streikte auch die Wuppertaler Bemberg-Belegschaft. Die internationale Solidarität wurde greifbar, eine Delegation der Wuppertaler Bemberg-Arbeiter organisierte einen Reisebus und besuchte die niederländischen Kollegen in Breda. Am 21. September  1972 zog der AKZO-Vorstand die Schließungspläne - wohl aus Angst vor einer Streikausweitung auf andere AKZO-Betriebe -  vollständig zurück.

Mit einer Veranstaltung mit alten Filmen möchten wir an diesen erfolgreichen Streik erinnern. Eingeladen sind Kollegen aus Breda, die alten Gewerkschaftssekretäre und natürlich die alte Bemberg-Belegschaft. Bitte informiert alle Kollegen, die noch greifbar sind.....

Kontakt: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V. und ehemalige Bemberg-Arbeiter

Kontakt: info@wuppertaler-widerstand.de 

 

Buchvorstellung: Stephan Stracke: Die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse.  Gewerkschaftlicher Widerstand und internationale Solidarität.

Datum: 5.7.2012, 19:30 Uhr 

Ort: In der neuen Geschäftsstelle von Verdi und DGB Hoeftstrasse 4 / Bahnhof Wuppertal-Steinbeck

Mit Angehörigen der WiderstandskämpferInnen aus Wuppertal, Amsterdam, Voorburg und Hoorn:

- Marianne Hecht-Wieber (Wuppertal), VVN-BdA und Tochter von Emil Löhde

- Sinja Alma (Hoorn, Niederlande), Tochter von Aleida Lie Heijnen (Wuppertal-Komitee)

- Peter Alma (Amsterdam, Niederlande), Sohn von Aleida Lie Heijnen (Wuppertal-Komitee)

- Ans Samama-Polak (Voorburg, Niederlande), Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers und Philosophen Leo Polak

Veranstalter: Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal e.V.

weitere Informationen:

-  www.gewerkschaftsprozesse.de

- www.gedenkbuch-wuppertal.de

Das Buch:

Stracke, Stephan: Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse. Gewerkschaftlicher Widerstand und internationale Solidarität

Bremen, De Noantri Verlag 2012 546 Seiten   29,80 €

ISBN  978-3-943643-00-8

Buchbestellung:  bei denoantri@web.de

 

Die Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse

Im Herbst 1934 war es der KPD im Großraum Wuppertal gelungen, in einem organisierten überbetrieblichen Rahmen, gemeinsam mit Sozialdemokraten und Parteilosen, 48 betriebliche Widerstandsgruppen aufzubauen, die direkt in fabrikinterne Auseinandersetzungen eingriffen, die eigene Zeitungen herstellten und Kurzstreiks auslösten. In Velbert wurde sogar der Deutsche Metallarbeiter-Verband (DMV) unter Beteiligung von sozialdemokratischen DMV-Funktionären wieder gegründet.

Zu Jahresbeginn 1935 startete die Gestapo eine beispiellose Verhaftungsoperation. Von 1935 bis 1937 wurden im Großraum Wuppertal insgesamt mehr als 1.900 Menschen verhaftet und 649 Personen von ihnen in den sog. Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verrurteilt.17 Aktivisten verloren ihr Leben während der polizeilichen Voruntersuchung. Mit Ewald Funke starb einer der Hauptakteure des Wuppertaler Widerstandes 1938 unter dem Fallbeil in Berlin-Plötzensee.

Die sogenannten „Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse“erlangten eine große internationale Beachtung. Europaweit setzten sich über die Parteiengrenzen hinweg Unterstützer für die 1.900 verhafteten Wuppertaler Arbeiter ein.

Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und auch der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei im Exil (SOPADE) unterstützten die verhafteten Wuppertaler Arbeiter.

Wuppertal-Komitee

Herausragend war die Unterstützung der Wuppertaler WiderstandskämpferInnen durch die weltweite Menschenrechtskampagne des Wuppertal-Komitees. Ein von niederländischen Intellektuellen und der KPD-Abschnittsleitung in Amsterdam gegründetes „Centraal Comité Wuppertal Proces“ (Wuppertal-Komitee) begann Weihnachten 1935 Geld für die Familien der Verhafteten zu sammeln. Auf dem Höhepunkt der Kampagne entsandten französische Gewerkschaften und holländische Studentenorganisationen Delegationen zu den Prozessen nach Wuppertal.Die Liste der ungefähr 60 namentlich bekannten Unterstützer und Aktivisten liest sich wie ein „Who is Who“ der niederländischen Arbeiter-, Frauen- und Friedensbewegung. Herauszuheben sind die international bekannte Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin C.R. Ramondt-Hirschmann, der Philosoph Hendrik Josephus Pos, der Historiker Jan Romein, der Philosoph Leo Polak, die Lehrerin Aleida Lie Heijnen, der Rechtsanwalt Isaak Kisch und die Grande Dame der niederländischen Arbeiterbewegung Henriette Roland Holst-van der Schalk.Viele der Prominenten hatten sich bereits vorher für deutsche Flüchtlinge eingesetzt und waren seit Juni 1936 im „Komitee für Wachsamkeit“ organisiert.

Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande überfiel, waren die Aktivitäten des Wuppertal-Komitees bei den Nationalsoziallisten nicht vergessen. Im Gegenteil: vor allem die jüdischen Niederländer, die für das Wuppertal-Komitee gearbeitet hatten, waren in größter Gefahr. Insgesamt sechs jüdische Komitee-Mitglieder fanden gewaltsam den Tod.Vier jüdische Angehörige des W.K. wurden in Konzentrationslagern ermordet. Andere wurden verhaftet und in Verhören  von der Gestapo gequält.

 

Kurzbiographien

Leonard Polak

Leonard Polak, Jahrgang 1880, war Professor für Philosophie und Strafrecht an der Universität in Groningen. Als Humanist und Atheist engagierte er sich im Wuppertal-Komitee und vor allem als Wortführer der Freidenkervereinigung „De Dageraad“. Er war u.a. Redaktionsmitglied der „Tijdschrift voor Wijsbegeerte“ und der „Algemeen Nederlandsch Tijdschrift voor Wijsbegeerte" (ANTW).

Leonard Polak versuchte nach dem 10. Mai 1940 vergeblich mit seiner Familie nach England zu flüchten. Im November 1940 wurde er als Jude von den Besatzern in den Ruhestand versetzt. Von seinem Vorgesetzten, dem Rektor der Universität Groningen, wurde Leonard Polak bei den Behörden denunziert, weil er in einem Brief die Besatzungsmacht als Feind bezeichnet hatte. Der Wissenschaftler wurde am 15. Februar 1941 in Leeuwarden vom SD verhaftet und am 7. Mai 1941 nach Sachsenhausen überstellt. In Sachsenhausen soll er für die Mithäftlinge Vorlesungen gehalten haben. Am 9. Dezember 1941 starb Polak an den Schlägen, die ihm ein KZ-Wärter beigebracht hatte. Er wurde auf dem Gräberfeld der Sachsenhausen-Häftlinge auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof beigesetzt. Vier Verwandte von Leonard Polak wurden in Vernichtungslager deportiert und dort ermordet. Seine Ehefrau Henriette war zunächst von der Deportation zurückgestellt worden, wurde aber bei der „großen Razzia“ vom 20. Juni 1943 festgenommen und im „Durchgangslager Westerbork“ interniert. Sie kam durch eine Intervention noch einmal frei und konnte bis zur Befreiung untertauchen. Mit ihr überlebten auch ihre älteste und ihre jüngste Tochter.  

Anna Aleida Alma-Heijnen (Lie Heijnen)

Anna Aleida Heijnen wurde am 8. Januar 1909 in Emmen geboren. Sie war von 1933 bis 1938 mit dem Wehrdienstverweigerer und Anarchisten Siert Tillema verheiratet. Sie engagierte sich im Friedenskomitee und im „Wereld Vrouwen Comité“ und war als Lehrerin tätig. Im März 1935 trennte sie sich von ihrem Mann und zog nach Amsterdam. Da sie noch nicht geschieden war, konnte sie nicht mehr als Lehrerin arbeiten und war deswegen auf Gelegenheitsarbeiten angewiesen. Ende 1935 war sie als Sekretärin im Büro von Selma Meijer tätig, später arbeitete sie bei einem Zahnarzt.

1936 war die Aktivistin als Propagandistin für das W.K. tätig und nahm in dieser Funktion an einer Delegationsreise nach Wuppertal teil. Anschließend trat sie als Versammlungsrednerin in den Niederlanden auf. Neben dem Engagement für das W.K. war sie vor allem im „Internationalen Frauenbund für Frieden und Freiheit“ (IVVV) engagiert. Zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit wurde die Solidaritätsarbeit mit Spanien.

1936 war sie Vorsitzende der „Commissie Hulp aan Spanje“ und nahm 1935, 1937 und 1939 an Delegationen nach Spanien teil. Von 1937 bis Anfang 1940 war sie die Vorsitzende des „Wereld-Vrouwen Comités" (WVC) gegen Krieg und Faschismus in Amsterdam und Redakteurin des Monats-Organs „Vrouwen“. Im WVC hatten kommunistische Frauen großen Einfluss, wie sich Lie Heijnen später erinnerte. Sie selbst sei aber nie Mitglied der CPN geworden. Als Delegierte des WVC wurde sie 1935 nach Saarbrücken entsandt, um die Saarabstimmung zu beobachten. Unter ihrer Leitung führte das WVC 1938 Protestaktionen gegen die Hinrichtung von Liselotte Hermanns durch, die als erste Widerstandskämpferin zum Tode verurteilt wurde. 1940 heiratete sie den Kunstmaler Peter Alma. 1941 wurde ihre Tochter geboren.